Freitag, 26. März 2010

Mein Kampf



Seit 5 Uhr 45 wird jetzt zurückgeniest. Der feige Überfall der Pollen muß gesühnt werden. Nicht eher werde ich ruhen, bis auch der letzte der angriffswütigen Spezies keinen Schaden mehr anrichten kann.
Bei 2 Tablettenangriffen der uffnikschen Gegenwehr wurde die pollnische Aggression vor der heimischen Schlafzimmer-Grenze mit insgesamt 380 Antiallergikum-Bomben fast völlig vernichtet. Zum Gedenken wird auf der Bodenplatte eine Gedenkstätte eingerichtet, die den Sieg über das Pollenpack immer lebendig sein läßt. Möge es künftigen Generationen als Mahnung dienen.

Es war in den frühen Morgenstunden des 26.3., als ein geschickt getarnter Trupp pollnischer Agressoren noch im Schutze der Dunkelheit sich auf den Weg machte einen hinterhältigen Angriff gegen die Uffniksche Abwehr zu starten. Den leichten Morgenwind ausnutzend, kamen sie lautlos und ungehindert voran. Jede noch so kleine Deckung wurde ausgenutzt. Es ward ihnen auch ziemlich leicht gemacht. Das Fenster zum Schlafzimmer stand offen - wie jede Nacht, wenn die Temperatur nicht unter minus 10 Grad fällt. . Späher hatten dies schon Wochen vorher als problemlosen Zugang erkannt. Der Plan funktionierte. Die Armada drang ein, verteilte sich gleichmäßig auf die Oberflächen und harrte der Dinge. Auch nur die kleinste Bewegung des Gegners reichte aus, um sofort mit der Attacke zu beginnen. Eine Drehung im Bett, ein Zurechtzupfen der Decke, und schon stürzten Sie sich auf den Feind, der noch nichtsahnend schlummerte. Ein feiger Hinterhalt.

Exakt um 5 Uhr 45 war es dann so weit. Der in die Enge Getriebene konnte seine Abwehr nicht rechtzeitig und nicht genügend motivieren und es wurde lediglich zurückgeniest. zwanzig mal, dreißig mal. Der Verbandsplatz war mit Papiertaschentüchern hervorragend ausgerüstet. Die Querschläger pfiffen den durch den Raum. "Tschie, tschi, haaa.... haaa....tschiee" schrillten die Schrapnelle durch die Dunkelheit. In der kurzen Kampfpause wurden die Rohre ( der Laie kennt sie unter dem Begriff "Nase" ) gereinigt. Zum Einschlafen blieb keine Zeit. Die zweite Welle des Angriffs stand kurz bevor. Und da waren sie auch schon wieder. Sogar mit Kamikaze-Angriffen hat es der unsichtbare Gegner versucht. Die Übermacht war mächtig. Fast übermächtig.

Bei Uffnik lagen die Nerven blank. Der Angriff war zwar erwartet worden, aber doch nicht nächtens. Aber der geschundene Uffnik hatte eine Geheimwaffe. Neu entwickelt und vor den Pollen geheim gehalten. "Ihr wollt den totalen Krieg? Ihr sollt ihn haben!" Keine Propaganda hat den Angreifern einen Hinweis auf den chemischen Kampfstoff gegeben. (Die Genfer Konvention läßt dies ausdrücklich zu!) Schutzlos waren sie den 10 Milligramm - Bomben ausgeliefert. Es gab keine Fluchtmöglichkeit. Sie waren besiegt. Es dauerte nur wenige Minuten und die Nachtruhe war wieder hergestellt. 
Aber es ist nur ein Waffenstillstand. Zu einem Friedensvertrag wird es mit den Pollen wohl niemals kommen. Zu unterschiedlich sind die Meinungen über die Gebietsansprüche. Experten erwarten, daß sich die Kämpfe bis in den späten Sommer hinziehen könnten.
Die technische Überlegenheit der Verteidigung wurde bald sichtbar. Riesige Staubsauger mit Pollenfilter und sonstigen Rückhaltesystemen wurden eingesetzt. Ein tosendes Gebrüll der zig-tausend-Watt machten den Verbliebenen den Gar aus. Aber das ist kein Sieg über den Gegner. Nur eine gewonnene Schlacht in der Nacht zum Freitag. 

Der Rest der Nacht verlief ruhig. Die Suche nach den Verrätern begann etwas 3 Stunden nach dem feigen Überfall. Die Liste der Verdächtigen war lang. Aber der Aufenthaltsort war bekannt. 
 
sogar Spürhunde wurden bei der Jagd auf die Aufständigen eingesetzt. In vollkommener Aufopferung für den Dienst unterzogen die tapferen Tierchen jede auch noch so miefige Pfütze einer eingehenden Kontrolle.
 
Es kamen auch hochtechnische Apparate zum Einsatz. Und richtig, was der Geheimdienst der "*Frühlingsgruppe*":http://www.qype.com/groups/2846-Fruehling-in-Europa/photos schon lange beobachten, hat sich bewahrheitet. Der Deckname "Spring" spricht Bände. Und wer sich der Resistance noch nicht angeschlossen hat, sollte es spätestens jetzt tun. Wir alle brauchen dieses Netzwerk, um frühzeitig warnen zu können.

Schlechtes Wetter behindert die feindlichen Flieger bei ihren geplanten weiteren Aktivitäten. Es wurde prognostiziert, daß zumindest das Wochenende deutlich weniger Flugbewegungen bringen soll. Ein leichtes Aufatmen ist deutlich zu vermerken.

Die Parole heißt : "Gesundheit!"

Donnerstag, 25. März 2010

Frohe Kunde

Wenn man mir das noch vor Tagen prognostiziert hätte, daß ich einmal einen Beitrag zum Finanzamt schreibe, ich wäre wohl ein Fall für den Psychiater geworden.
Meine Enkelin sprach immer von den glücklichen Leuten in dem großen Haus, wenn sie das Finanzamt meinte. "Ei die kriegen doch immer das ganze Geld vom Opa!"
So ähnlich sah ich das ja auch. Es könnte mir gehören!? Zumindest ein starker Teil davon - Zum Beispiel die Eingangtür ( ! )

Schon oft mußte ich mich ärgern, daß ich die Kamera zu Hause gelassen hatte. Mir entgingen unzählige unbezahlbare Aufnahmen. Heute hatte ich die Kamera dabei. Nicht weil ich das Finanzamt knipsen wollte. Das ergab sich so. Was ich sah, als ich Formulare abholen wollte, war unglaublich.

So sieht das Finanzamt von hinten aus.

Und so von der Seite.
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Ich glaube, die geben auf ! Dafür gibt´s 5 Sterne. (in Gold)

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Mittwoch, 24. März 2010

Hengstbach: von der Winkelsmühle zur Theisenmühle

Karl der Große hatte den Reichsbannforst Dreieich in sein Herz geschlossen. Das Tal des Hengstbaches zählte zu seinen liebsten Jagdrevieren. Deshalb lies er im “Forestis Dreieich, exakt im heutigen Dreieichenhain ein Jagdhäuschen errichten. Das spätere Schloß -heute Burgruine in Hayn. Seit der Karl hier mit seiner Jagdgesellschaft herumdüste, hat sich einiges verändert. 

Vor etlichen Monaten schon sind wir wieder einmal auf einen "alten Schinken in Essig und Öl" gestoßen. Anfang des letzten Jahrhunderts muß es wohl gewesen sein, daß einer der Vorfahren meiner besseren Hälfte zum Pinsel griff, um eine kleine Idylle am Hengstbach, nämlich die Theisenmühle im Bild festzuhalten. Das machte man damals so, weil es noch keine Digitalfotografie gab. So sah es also dort aus, als noch Korn zu Mehl gemahlen wurde.
Wasserkraft trieb die große Mühle an. 

Mit einem weiteren Zeitsprung in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts kann ich persönliche Eindrücke einfliessen lassen. Ich war als Kind recht gerne auf einem Bauernhof in der Nachbarschaft zu Gast. Dort gabe es den Bauern "Lui" und seine "Käddel". Viel wichtiger, als sein Weib, war jedoch der Hans! Hans war der Ackergaul vom Lui und man sagte im nach, daß er intelligenter als der Bauer selbst gewesen sei. Die Befehle von Lui klangen allesamt wie "hoihu" oder "huaa". Hans interpretierte sie allesamt richtig und verrichtete brav seine Arbeit. Ja, und ich saß oft oben drauf. Auf dem Hans. Stolz wie Oskar. Und so führte uns auch ab und zu der Weg in die Theisenmühle, um das gedroschene Korn abzuliefern. Das war für einen Steppke ohne Nintendo und Internetzugang ganz schön aufregend. Wenn der Müller - so hieß er denn auch praktischer Weise - den großen Knüppel umlegte, kam Leben in die dunkle Bude. Es knarrte überall und das Holz jammerte unter dem Druck des Wassers und dem Gegendruck der schweren Mühlsteine. Staubig war es. Weiß die bestimmende Farbe. Die Wasserkraft trieb auch den "Kran" an, mit dessen Hilfe die Säcke mit dem Getreide in den oberen Bereich der Mühle gehieft wurden, wo sie dann später in einen großen Behälter über dem Mahlwerk eingefüllt wurden.
Das alles ist Vergangenheit. Heute sieht die mehrfach veränderte Theisenmühle so aus:
Es ist keine Mühle mehr. Es ist auch kein Cafe und schon gar kein Ausflugslokal oder Restaurant mehr; was in den letzten 30 Jahren alles verändert wurde, ist heute durch komplette Neubebauung wie weggefegt - aber nicht aus dem Gedächtnis.

Heute erinnert nur noch ein Mühlrad an die ehemalige Mühle.
 Der Mühlteich wird vom Hengstbach gespeist und versorgt auch heute noch das hölzerne Rad mit dem nötigen Wasser für die dekorative Drehung.

Die jetzige Bebauung, mit angedeutetem Fachwerk, erinnert auch noch an die Ursprünge der ursprünglichen Mühle und das Haus von etlichen Generationen der Familie Müller.
Bei den Aufnahmen zur Gegenüberstellung von Theisenmühle -einst und jetzt- kam mir die Idee den besagten Bachlauf, der ja ursächlich für die Mühle war, doch etwas näher unter die Lupe zu nehmen.
Der Hengstbach:
Mein erster Spaziergang entlang des Hengstbaches führte mich von Dreieichenhain, Winkelmühle zum ursprünglichen Ausgangspunkt, der Theisenmühle. Dem natürlichen Gefälle des Baches folgend.
Am Start an der Winkelsmühle begegnet man altehrwürdigen Mauern, die in moderne Bebauung integriert sind.
Eine wirklich schöne Alternative, um die alten Gebäude zumindest teilweise zu erhalten. Die "Fischerklause" ist baulich gesehen ein echtes Original. (Da muß ich auch mal hin) Fast hat man den Eindruck, daß man durch das Dachgeschoß eintritt.
Nebenan gibt es einen Seniorentreff und parallel dazu ist die Diakonie untergebracht.

Mittig ist das ursprüngliche Mauerwerk der Winkelsmühle - sogar noch mit dem Mühlenzufluß (aus dem Hengstbach abgezweigt) gut erhalten und saniert zu sehen.

Auch die Winkelsmühle wurde aus einem eigenen Mühlteich
konstant mit Wasserkraft versorgt. Das Wasser wiederum - wie schon bei der Theisenmühle - dem wurde dem Hengstbach entnommen und später, wenn es seine Arbeit verrichtet hatte, wieder zugeführt.
Auf dem Hans-Pfrommer-Weg geht es dem Hengstbach entlang Richtung Theisenmühle, die fast die Stadtgrenze von Ortsteil Sprendlingen markiert. 

Vorbei an einem ehemaligen Bauerhof, der jetzt als Pferdekoppel genutzt wird.

Die letzten beiden Tage habe dem Frühling etwas auf die Sprünge geholfen. Im Tal, was sich der Bach über Jahre geformt hat ( Seit der Zeit vom großen Karl sind es schon ein paar Jährchen ) stehen die Trauerweiden in einem vorsichtigen Grün umher
und auch die sonsitge Vegetation drängt mit Macht der Sonne entgegen. 
 Die einfassenden Hügel sind die letzten Ausläufer (oder die ersten - kommt drauf an, von welcher Seite man kommt) der Odenwaldes. Ein gut ausgebauter, aber naturbelassener Weg ( die Stadt hat kein Geld, deshalb nennt man es naturbelassen) führt direkt am Bach entlang.
Eine Brücke hier, eine kleine Staustufe da.

Die Natur sorgt für Abwechslung und die freundlichen Leute, den man begegnet, tun es auch.
Nach ein paar hundert Meter verschwindet der Hengstbach allerdings hinter Zäunen, um dann schließlich nach einer Brücke ganz aus dem Blickfeld der Fußfahrer und Radgänger. Erst nach der angrenzenden Siedlung kann man sich wieder zum Bachlauf vorarbeiten. Der sinnvollste, wenn gleich auch nicht der tollste Platz ist da wohl die Brücke der A 661.
Unter dieser Brücke nämlich kommt der Bach wieder aus einem nahezu undurchdringlichen moorastigen Dickicht an den Weg. 

Wir folgen ihn, ohne die Schulkids zu beachten, die hier offenbar ihre Freistunden verbringen. Die Schmierereien an Stützen, Säulen und Wänden geben Aufschluß über die jeweilige Stimmungslage und wie die letzte Mathearbeit ausgefallen ist.
Es geht stark auf die Theisenmühle zu. Der Bach bekommt hier einen Byepas, um das Wasser für den Teich zu entnehmen. Verschiedene Wehre und Staubecken sollen Schmutz und Schlamm abfiltern, bevor der Mühlteich erreicht wird. 

Sally hat es geprüft, das mit dem Schlamm stimmt!
Und so kamen wir zu unserm ersten Anlaufpunkt wieder zurück, der Theisenmühle im Tal des Hengstbaches.
Fortsetzung folgt -vielleicht.

Mittwoch, 17. März 2010

Eine Sekunde Chemnitz


Es gibt unzählige Städte, an denen ich bei meinen Fahrten durch Ländle schon oft achtlos vorbeigefahren bin. "Da ist ja doch nix los" bekommt man von überall und jedem gesagt. So bildet sich dann auch eine Vorverurteilung. Vielleicht unbewußt. Chemnitz gehört sicher genau in diese Kategorie. Da muß man nicht unbedingt hin. Falsch, ich mußte hin. Und ich war auch dort.
Kaum von der Autobahn herunter, umgibt mich aber schon Halbherzigkeit. Die seit der Wende durchgeführten Baumaßnahmen sind im Innenstadtbereich sehr wohl angekommen. Breite, gut ausgebaute Straßen führen in die City. Die Gebäude entlang dieser Straßen sind fast alle in tadellosem Zustand. Hier wurde kräftig investiert. Aber nicht nur die Neubauten sind beeindruckend, auch für die Sanierung von alten Bauwerken wurde so manche D-Mark oder mancher Euro in die Hand genommen. Und selbstverständlich - wie überall in den größeren Städten und Zentren eine ganze Menge Investoren und Glücksritter, die gleich nach der Wende auf die Subventionen aus waren und die Stätte ihres Wirkens verwüstet zurückgelassen hatten. Namhafte Firmen (wie ich später erfuhr) waren an Subventions-"Geschäften" beteiligt. Die Kuh wurde eindeutig zu lange gemolken. Und unsere Berliner Finanzhüter merkten von all dem nichts. Der Topf war leer und die Firmen waren weg. Zurück blieben Versprechungen und Ruinen, halbfertige Bauten und eingestellte Sanierungen. Zurück blieben auch enttäuschte Bürger, die auf die blühenden Landschaften warteten. Die Meisten warten noch heute.
Chemnitz, einst berühmte und geschäftige Industriestadt weist heute eine Arbeitslosenquote von fast dem Doppelten des bundesdeutschen Durchschnittes auf. Viele Familien sind weggezogen. Zu DDR-Zeiten gab es keine Arbeislosen. Das sah das System einfach nicht vor. Und weil nicht sein kann, was nicht sein darf, waren alle in Arbeit und Lohn. Im wirtschaftlichen System des westlichen Kapitalismus gibt es solche "Vollbeschäftigung" nicht. Und das traf auch die heute noch ca. 17.000 Arbeitssuchenden im ehemaligen Karl-Marx-Stadt, als die wirtschaftlich völlig unrentablen Betriebe geschlossen wurden. Mein Gastgeber führte mich stolz in das Museum in der Zwickauer Straße.


Hier, im sächsischen Industriemuseum, wird wohl der Vergangenheit nachgeweint. Hier stehen die Artefakte längst vergangener Tage herum und harren der Besucher, die sich für nostalgische Autos, Schreibmaschinen und



Lokomotiven oder eine Dampfmaschine, die aus Kostengründen nicht mehr betrieben werden kann, interessieren.

Bei mir entstand der Eindruck, daß hier die Vergangenheit eher betrauert als gefeiert wird.

Und nicht nur hier drinnen scheint die Zeit stehngeblieben zu sein. Wenige Meter neben dem Museum - auf der gegenüberliegenden Straßenseite- wurde gerade ein Trümmergrundstück mit Planierraupen "platt gemacht".

Es sollte sicher kein Mahnmal werden, das hier seit 1945 - bis auf die üblichen Schmierereien und Graffitis neueren Datums- fast unberührt und abgesperrt herumstand- oder lag. Die Gegensätze sind krass.

Nur wenige Meter entfernt, auf der gleichen Straße gegenüber, moderne Autohäuser, die hier Nobelmarken wie Bentley, Jaguar & Co. anpreisen. Diese Kluft war für mich doch etwas zu viel. Verläßt man aber die Hauptstraßen und geht oder fährt einmal die Nebenstraßen ab, erlebt man noch immer das unberührte DDR-Flair. Ostalgie in schlimmster Form. Straßen, die eigentlich nur aus Löchern bestehen. Ja, es war ein langer und harter Winter, aber der Flickerlteppich an Vertiefungen hat seinen Ursprung nicht in den letzten 4 Monaten. Mühsam angetünchte Plattenbauten sollen den düsteren Eindruck, den sie trotzdem noch immer vermitteln, etwas erträglicher machen. Und immer wieder verrottende, unbewohnte Gebäude. Einzelne Stellen wohlgemerkt. Ich weiß auch nicht, was mir mein "Fremdenführer" damit zeigen und bedeuten wollte. Ich bin keineswegs der Richtige solche Probleme zu lösen. Und Investor bin ich schon gar keiner.
Als letzte und bleibende Erinnerung bekam ich noch den Karl präsentiert. Was den Marx jetzt so besonders mit Chemnitz verbunden hatte, daß die Stadt auch noch ihren Namen lange Jahre hergeben mußte, weiß ich nicht. Bin mir aber fast sicher, daß es in den Kommentaren bald eine Erklärung geben wird.
Karl Marx hat auch Jahre nach dem Kommunismus (oder sollte ich Sozialismus sagen?) ein gepflegtes Äußeres.

Die riesige Büste auf dem Marmorsockel steht finster und grimmig dreinblickend vor einem (inzwischen) hellen und freundlichen Gebäude. Ebenfalls groß.

Das mußte auch so sein, sonst hätte man die Proletarier aller Länder sicher nicht so umfangreich und international auffordern können sich zu vereinigen.

Mir wurde berichtet, daß der Marx nach der Wende durchaus zur Disposition stand. Vielleicht schaut er ja deswegen so mürrisch drein? Oder ist es, weil seine grundsätzlichen Ideen verfremdet und gescheitert waren? Zunächst wollte man nach der Wende wohl nicht mehr viel an seine Theorien glauben. Bis auf ein paar Hartgesottene natürlich. Es geschah aber nichts. Irgendwie konnte ich aus der sächsischen Betonung heraushören, daß viele Karl-Marx-Städter aber durchaus froh sind, daß alles so stehen geblieben ist. Man kann ja nie wissen, wofür es noch einmal gut sein wird. Außerdem ist es ja ein Stück junger Geschichte.
Der Bahnhof war erreicht, die Rückfahrt stand an. Der Karl hatte noch einmal viel Zeit gekostet und so war ich recht knapp mit derselben. Ich eilte Richtung Bahnsteig, mußte jedoch schnell noch den aktuellen Zustand im Bild festhalten.

Der total geschundene Fliesenbelag in der Halle könnte aus der 20er oder 30er Jahren der 20. Jahrhunderts stammen. Mit Borten und Bordüren war damals die Halle bestimmt ein optischer Gaumenschmaus.

Heute nur noch Flicken und grauer Beton. Aber es tut sich was. Zunächst einmal auf bzw. an den Bahnsteigen. Da wird kräftig gewerkelt.

Bleibt zu hoffen, daß sich die Sanierung dann auch Richtung Eingang bald fortsetzt.
Das war nur ein Blitzlicht. Eine Sekunde aus der Stadtgeschichte. Eine Momentaufnahme, die zeigt, daß auch nach 20 Jahren deutsche Einheit noch lange keine Einheit besteht. Nicht wirtschaftlich, nicht in der Entwicklung und auch nicht in vielen Köpfen.