Mittwoch, 24. März 2010

Hengstbach: von der Winkelsmühle zur Theisenmühle

Karl der Große hatte den Reichsbannforst Dreieich in sein Herz geschlossen. Das Tal des Hengstbaches zählte zu seinen liebsten Jagdrevieren. Deshalb lies er im “Forestis Dreieich, exakt im heutigen Dreieichenhain ein Jagdhäuschen errichten. Das spätere Schloß -heute Burgruine in Hayn. Seit der Karl hier mit seiner Jagdgesellschaft herumdüste, hat sich einiges verändert. 

Vor etlichen Monaten schon sind wir wieder einmal auf einen "alten Schinken in Essig und Öl" gestoßen. Anfang des letzten Jahrhunderts muß es wohl gewesen sein, daß einer der Vorfahren meiner besseren Hälfte zum Pinsel griff, um eine kleine Idylle am Hengstbach, nämlich die Theisenmühle im Bild festzuhalten. Das machte man damals so, weil es noch keine Digitalfotografie gab. So sah es also dort aus, als noch Korn zu Mehl gemahlen wurde.
Wasserkraft trieb die große Mühle an. 

Mit einem weiteren Zeitsprung in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts kann ich persönliche Eindrücke einfliessen lassen. Ich war als Kind recht gerne auf einem Bauernhof in der Nachbarschaft zu Gast. Dort gabe es den Bauern "Lui" und seine "Käddel". Viel wichtiger, als sein Weib, war jedoch der Hans! Hans war der Ackergaul vom Lui und man sagte im nach, daß er intelligenter als der Bauer selbst gewesen sei. Die Befehle von Lui klangen allesamt wie "hoihu" oder "huaa". Hans interpretierte sie allesamt richtig und verrichtete brav seine Arbeit. Ja, und ich saß oft oben drauf. Auf dem Hans. Stolz wie Oskar. Und so führte uns auch ab und zu der Weg in die Theisenmühle, um das gedroschene Korn abzuliefern. Das war für einen Steppke ohne Nintendo und Internetzugang ganz schön aufregend. Wenn der Müller - so hieß er denn auch praktischer Weise - den großen Knüppel umlegte, kam Leben in die dunkle Bude. Es knarrte überall und das Holz jammerte unter dem Druck des Wassers und dem Gegendruck der schweren Mühlsteine. Staubig war es. Weiß die bestimmende Farbe. Die Wasserkraft trieb auch den "Kran" an, mit dessen Hilfe die Säcke mit dem Getreide in den oberen Bereich der Mühle gehieft wurden, wo sie dann später in einen großen Behälter über dem Mahlwerk eingefüllt wurden.
Das alles ist Vergangenheit. Heute sieht die mehrfach veränderte Theisenmühle so aus:
Es ist keine Mühle mehr. Es ist auch kein Cafe und schon gar kein Ausflugslokal oder Restaurant mehr; was in den letzten 30 Jahren alles verändert wurde, ist heute durch komplette Neubebauung wie weggefegt - aber nicht aus dem Gedächtnis.

Heute erinnert nur noch ein Mühlrad an die ehemalige Mühle.
 Der Mühlteich wird vom Hengstbach gespeist und versorgt auch heute noch das hölzerne Rad mit dem nötigen Wasser für die dekorative Drehung.

Die jetzige Bebauung, mit angedeutetem Fachwerk, erinnert auch noch an die Ursprünge der ursprünglichen Mühle und das Haus von etlichen Generationen der Familie Müller.
Bei den Aufnahmen zur Gegenüberstellung von Theisenmühle -einst und jetzt- kam mir die Idee den besagten Bachlauf, der ja ursächlich für die Mühle war, doch etwas näher unter die Lupe zu nehmen.
Der Hengstbach:
Mein erster Spaziergang entlang des Hengstbaches führte mich von Dreieichenhain, Winkelmühle zum ursprünglichen Ausgangspunkt, der Theisenmühle. Dem natürlichen Gefälle des Baches folgend.
Am Start an der Winkelsmühle begegnet man altehrwürdigen Mauern, die in moderne Bebauung integriert sind.
Eine wirklich schöne Alternative, um die alten Gebäude zumindest teilweise zu erhalten. Die "Fischerklause" ist baulich gesehen ein echtes Original. (Da muß ich auch mal hin) Fast hat man den Eindruck, daß man durch das Dachgeschoß eintritt.
Nebenan gibt es einen Seniorentreff und parallel dazu ist die Diakonie untergebracht.

Mittig ist das ursprüngliche Mauerwerk der Winkelsmühle - sogar noch mit dem Mühlenzufluß (aus dem Hengstbach abgezweigt) gut erhalten und saniert zu sehen.

Auch die Winkelsmühle wurde aus einem eigenen Mühlteich
konstant mit Wasserkraft versorgt. Das Wasser wiederum - wie schon bei der Theisenmühle - dem wurde dem Hengstbach entnommen und später, wenn es seine Arbeit verrichtet hatte, wieder zugeführt.
Auf dem Hans-Pfrommer-Weg geht es dem Hengstbach entlang Richtung Theisenmühle, die fast die Stadtgrenze von Ortsteil Sprendlingen markiert. 

Vorbei an einem ehemaligen Bauerhof, der jetzt als Pferdekoppel genutzt wird.

Die letzten beiden Tage habe dem Frühling etwas auf die Sprünge geholfen. Im Tal, was sich der Bach über Jahre geformt hat ( Seit der Zeit vom großen Karl sind es schon ein paar Jährchen ) stehen die Trauerweiden in einem vorsichtigen Grün umher
und auch die sonsitge Vegetation drängt mit Macht der Sonne entgegen. 
 Die einfassenden Hügel sind die letzten Ausläufer (oder die ersten - kommt drauf an, von welcher Seite man kommt) der Odenwaldes. Ein gut ausgebauter, aber naturbelassener Weg ( die Stadt hat kein Geld, deshalb nennt man es naturbelassen) führt direkt am Bach entlang.
Eine Brücke hier, eine kleine Staustufe da.

Die Natur sorgt für Abwechslung und die freundlichen Leute, den man begegnet, tun es auch.
Nach ein paar hundert Meter verschwindet der Hengstbach allerdings hinter Zäunen, um dann schließlich nach einer Brücke ganz aus dem Blickfeld der Fußfahrer und Radgänger. Erst nach der angrenzenden Siedlung kann man sich wieder zum Bachlauf vorarbeiten. Der sinnvollste, wenn gleich auch nicht der tollste Platz ist da wohl die Brücke der A 661.
Unter dieser Brücke nämlich kommt der Bach wieder aus einem nahezu undurchdringlichen moorastigen Dickicht an den Weg. 

Wir folgen ihn, ohne die Schulkids zu beachten, die hier offenbar ihre Freistunden verbringen. Die Schmierereien an Stützen, Säulen und Wänden geben Aufschluß über die jeweilige Stimmungslage und wie die letzte Mathearbeit ausgefallen ist.
Es geht stark auf die Theisenmühle zu. Der Bach bekommt hier einen Byepas, um das Wasser für den Teich zu entnehmen. Verschiedene Wehre und Staubecken sollen Schmutz und Schlamm abfiltern, bevor der Mühlteich erreicht wird. 

Sally hat es geprüft, das mit dem Schlamm stimmt!
Und so kamen wir zu unserm ersten Anlaufpunkt wieder zurück, der Theisenmühle im Tal des Hengstbaches.
Fortsetzung folgt -vielleicht.

1 Kommentar:

  1. Sehr schöner Bericht!
    Ich interessiere mich auch für den Hengstbach
    und möchte mal mit dem Rad den Bach entlang bis zum Rhein fahren.

    Grüsse Hans F.

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